Echt jetzt?! – Ankunft in Sri Lanka
- Restlesstraveller
- 10. Mai 2018
- 5 Min. Lesezeit
Ganz ehrlich – ich dachte ja, nach Indien sei ich auf ein Land wie Sri Lanka bestens vorbereitet. Es gäbe nichts, was mich noch überraschen könnte. Und doch gibt es immer wieder Dinge, die mich erkennen lassen, dass man sein Leben lang nie ausgelernt hat, und womöglich ein ganzes Leben niemals ausreichen wird, um alles gesehen zu haben. Reden wir mal bloss von der Ankunft in Sri Lanka! Zum Beispiel, wenn man an der Gepäckausgabe wartet und der ausfallende Strom alle fünf Minuten das Förderband der Koffer sowie die gesamte Halle und Deckenbeleuchtung lahmlegt. Oder wenn der Foodcourt aus einem einzigen Imbiss besteht, der offensichtlichen Heimat und Brutstätte herumschwirrender Fliegen, in dem ich mich dank des stechenden Geruchs von verbranntem Öl und Fett und der vor Dreck stehenden Küchenablagen (wahrscheinlich vergnügten sich hier die Fliegen regelmässig) nicht einmal wagte, einen Kaffee zu bestellen, selbst nach einem Monat Indien. Ich hatte mich erst gerade vom Kamelmilchdesaster erholt, und wollte mir ja nicht gleich schon am ersten Tag auf Reisen wieder etwas einfangen. Das war mir das Risiko nicht wert. Stattdessen kaufte ich mir ein Wasser, welches bereits sicher in einer PET-Flasche mit versiegeltem Verschluss und somit praktisch unkontaminierbar an der Kasse bereit stand, und futterte dazu meine zwei restlichen Cookies, die ich von zu Hause mitgebracht hatte, und eine kleine Packung Chips, die ich auf dem ersten Flug um Mitternacht zugesteckt bekommen hatte. Wenn ich mich jetzt so umblickte konnte ich erkennen, dass sogar die Fenster schmutzig waren, die das Restaurant vom Rest der Ankunftshalle abschirmten. Sie waren übersäht mit Fettflecken und Dreck. Ihrem Aussehen nach zu urteilen hatten die schon jahrelang keinen Putzlappen mehr zu Gesicht gekriegt. Aber auf eines schienen die Bewohner Sri Lankas abzufahren: Milo. Eine grüne Tüte mit Strohhalm und natürlich einem Inhalt zum Trinken. Ich konnte noch nicht herausfinden, welche Flüssigkeit es beinhaltet, aber ich vermute stark, dass es sich dabei um ein Schokogetränk handelt. Es erinnert mich ein wenig an unser Comella. Plus, es ist von Nestle. Mein Vorgänger hat seins zurückgelassen, natürlich leer. Nicht, dass ich daraus probiert hätte, ich sage nur, vor mir steht ein Ansichtsexemplar. Und wenn ich jetzt nur die nächsten drei Tische in meine Beobachtung miteinbeziehe, stehen insgesamt 6 solche Tüten rum, aber nur zwei Menschen. Verrückt. Ein paar Tage später stellte sich heraus (natürlich musste ich dieses Milo Getränk probieren, schliesslich probiere ich fast alles auf meinen Reisen was typisch ist für die Einwohner und Land, man denke zum Beispiel an Brasilien und gegrillte Hühnerherzen!!!), dass es sich tatsächlich um Trinkschokolade handelt. Ziemlich hässliche Trinkschokolade allerdings. Nicht empfehlenswert.

Bevor ich dann zu guter Letzt endlich meine Mutter in die Arme schliessen konnte, machte ich noch eine ausserordentlich traumatisierende Erfahrung auf der Frauentoilette. Sie erinnerte mich irgendwie an damals, als ich an der Fasnacht mit einer Freundin die Toilette teilte, und gerade als sie ihr Geschäft verrichten wollte (es war natürlich wahnsinnig laut dank den Guggen) sah ich plötzlich Spaghetti vom Klo nebenan unter der Trennwand durchflutschen. Natürlich fragt man sich da erst mal, was zum Teufel Spaghetti in einem Klo zu suchen haben, und woher die wohl kommen. Und dann ergeben sich manchmal (vor allem unter Einfluss von alkoholischen Getränken) total irrwitzige und absurde Gedanken wie: «Hat da wer gekochte Spaghetti an die Fasnacht mitgebracht um die Leute zu verköstigen?» Oder «eine Notfallration falls jemanden einen Katerhunger überkommt?» Mann, waren die Leute mittlerweile geizig geworden! Wieso war ich noch nie auf die Idee gekommen, Spaghetti mitzunehmen?! Die Frage nach dem «Woher» erübrigte sich, als wir die Würgegeräusche hörten. Meine Reaktion damals und heute könnten ungefähr vergleichbar sein. Schockiert und fluchtartig verliessen meine Freundin und ich damals die Kabine. Nur, dass das heute keine Spaghetti-Kotze war.
Da ich alleine nach Sri Lanka gereist war und noch auf die Ankunft meiner Mutter wartete, musste ich meinen Koffer wohl oder übel überall hin mitschleppen, wenn ich sicher gehen wollte, dass niemand ihn klaute oder etwas reinschmuggelte. Das galt auch dann, wenn ich mal musste. Als ich die Toilette in der Ankunftshalle betrat, war ich erst überglücklich. Klar, es empfing mich der gleiche strenge Geruch wie in den zwei anderen Klos, die ich in Sri Lanka bereits benutzt hatte, es war eine widerliche Mischung aus Urin und Putzmittel. Und wie auch in den zwei vorhergehenden Toiletten war der Boden hier nass. Frisch gereinigt, sehr gut. Das steigerte meine Freude natürlich! Eine riesige Kabine, in die mein Koffer problemlos mit hinein passte. Witzig, wie man als Alleinreisende irgendwann beginnt, bereits die ganz kleinen Dinge zu schätzen, die einem das Leben erleichtern. Ganz euphorisch zog ich meinen roten Koffer mit kaputtem Hinterrad hinter mir her und stellte ihn an die Trennwand, wo er mir nicht in die Quere kam. Gerade wollte ich mich meinem Geschäft widmen, als in der Kabine nebenan eine Frau (offensichtlich, es war ja die Damentoilette) eilig die Tür zuschlug und mir mit ihrem Geschäft zuvor kam. Und ich meine wirklich zuvor kam! Wahrscheinlich wurden hier westliche Toiletten noch nicht richtig eingeführt, oder die Sri Lanker haben einfach keine Lust, sie zu benutzen. Denn die pinkelte statt ins Klo auf den Boden, und zwar so nahe an der Trennwand, dass ich entsetzt und wie gelähmt zuschauen musste, wie der Urin unter der Trennwand auf meine Seite spritzte. Völlig schockiert riss ich meinen Koffer da weg um ihn in Sicherheit zu bringen. Die Pipistrahlen explodierten nur so, sobald sie auf dem Boden auftrafen, und die Frau dachte nicht im Traum daran, sich ein wenig zurück zu nehmen um für weniger Spritzer zu sorgen. Ich war sprachlos, sonst hätte ich die Frau mit Sicherheit angeschrien! Fast noch unglaublicher war, dass sie die Pisse nicht mal weg machte. Es blieb eine gelbliche Pfütze zurück, die sich langsam ihren Weg auf meine Seite bahnte, in Richtung Abfluss, der auf meiner Seite der Toilette lag. Und plötzlich begriff ich angewidert, dass die nassen Böden wohl meistens tatsächlich daher rührten, dass die Menschen hier auf den Boden pinkelten! Und kaum hatte ich den Gedanken zu Ende gedacht, kam auch schon die Putzfrau, und bevor ich reagieren konnte, spritzte sie mit einem Schlauch Wasser auf die Stelle und verteilte alles nur noch mehr. Ich wurde getroffen. Einige Spritzer am Fuss, doch es reichte. Ich hätte heulen können. Panisch nahm ich Papier von der Rolle und wischte über meinen Fuss. Sowas Blödes, wieso hatte ich meine Turnschuhe bloss gegen Flip Flops getauscht?! Ich kramte hektisch im Rucksack nach meinem Desinfektionsmittel und kippte alles gleich über den gesamten Fuss. Dann kam ein (Fenster-) Abzieher durch den Spalt und bereitete dem ganzen Spuk der bedrohlich näher kommenden, gelblichen Sosse ein Ende. Die Moral von der Geschichte? Auch wenn westliche Toiletten in solchen Ländern vorhanden sind, könnt ihr nicht davon ausgehen, dass sie auch benutzt werden. Es gibt Leute, die pinkeln einfach lieber auf den Boden… Also, wappnet euch für Kollateral-Strahl-Schäden! Wenn ihr gewappnet seid, dann ist alles halb so schlimm. Seid einfach gewappnet! Wenn ihr aus meiner Situation lernt, dann hat dieser Blogeintrag seinen Zweck bereits erfüllt!
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